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Mittwoch, 27. Mai 2015

PERSONAL: THOUGHTS ABOUT SWEDEN



Mehr als zwei Jahre ist es jetzt her, mein Auslandssemester in Schweden. Erst jetzt habe ich angefangen, Bilder dieser sehr aufregenden Zeit, geprägt von einem Schicksalsschlag, das Treffen von so netten Leuten und das Erleben einer so atemberaubenden Landschaft, entwickeln zu lassen und sie demnächst in Fotoalben abzulegen. Wenn man bedenkt, dass so eine Möglichkeit für das Abenteuer an sich steht, sind diese zwei Jahre eine halbe Ewigkeit. Es klingt verrückt, aber ich war eher nicht bereit, diese Zeit wirklich und wahrhaftig zu reflektieren und zu verarbeiten.
Angefangen hat es, für mich eher ungewöhnlich, aber insgeheim doch typisch, mit einem herzzerreißenden Abschied. Als es nach monatelanger Aufregung und Spannung, was dieser Schritt mit sich bringen mag, endlich hieß: "morgen geht mein Flieger nach Göteborg", spielte plötzlich mein ganzer Körper verrückt. Ich hatte Panik, Angst, Herzschmerz und Freude zu gleich. 
In Schweden angekommen, habe ich direkt am Flughafen zwei Mädels kennengelernt, die mir die 4,5 Monate definitiv leichter machten. Ich würde sagen, es war Freundschaft auf den ersten Blick. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge, und wie es das Schicksal so will, wohnten wir auch noch im selben Häuserblock. Perfekt dachte ich mir, was sich mit dem Öffnen meiner WG sofort änderte.
Wenn ich ins Ausland gegangen bin, allein, dann war es maximal mit der Schule für ein paar Tage in eine Gastfamilie. Ein ganzes Semester auf mich allein aufpassen und sich selbst kümmern macht mir nichts aus. Aber das Teilen einer Küche und einem Bad mit Menschen die eine vollkommen andere Kultur leben, stellte mich tatsächlich vor eine Herausforderung. Ich öffnete also an diesem Montag die Tür meiner WG und da war nichts außer Wasser. Und fünf grinsende Studenten (keine Studentinen) aus Pakistan und Bangladesh. Mit Männern kann ich ja meist eh besser als mit Frauen.
So kam ich also rein, und die fünf Kerle putzen und schruppten was das Zeug hielt. Dabei haben sie nicht nur die halbe Wohnung unter Wasser gesetzt, sondern mich auch komplett sprachlos gemacht.
Für den ersten Moment fühlte ich mich hilflos. Ich wollte nichts essen, nichts trinken, nichts hören. Einfach in mein Zimmer. Mit meiner Familie reden. Schlafen. "Wie soll ich das nur überstehen. Alles Männer. Dazu aus einer komplett anderen Kultur. Mit einem anderen Sinn für Sauberkeit. Und das Essen - ist so gewöhnungsbedürftig, dass es die ganze Bude in einem anderen Licht erscheinen lässt.." So, oder so ähnlich die Worte an meine Mama. Ich glaube ich wollte einfach nur nach Hause. Aber zum Denken war keine Zeit. Die Studentbuddies warteten schon auf mich, um mir und den Anderen die Stadt zu zeigen. Am Abend war ich einfach nur fertig mit der Welt. Ich hatte zwar garkeine Vorstellung an diese Zeit, aber erwartet hatte ich dennoch etwas anderes. "18 Wochen. Das schaffst du.." Diese Worte kreiselten immer in meinem Kopf herum. Versuchte ich es abermals meinen Freund per Skype zu erreichen, keine Antwort. Ich machte mir Sorgen. Wusste ich, dass es in unserer Familie jemanden gab, dem es nicht gut geht. Der uns bald verlassen wird. Aber niemals, ich habe in keinem Moment daran gedacht, dass es so schnell gehen würde. Kaum war ich auf dem Weg in eines der größten Abenteuer meines Lebens, hat sich mein liebster Schwiegerpapa langsam auf dem Weg in den Himmel gemacht. Und ich konnte nicht da sein. Mich richtig verabschieden. Meinen Freund in den Arm nehmen. Ihn zur Seite stehen. Einfach für ihn da sein. Das hat mir das Herz zerbrochen und die Zeit in Schweden noch viel schwerer gemacht, als sie sich zu Anfang gezeigt hatte. Die Entscheidung in so einer schweren Zeit für meinen Freund da zu sein, und zurück nach Deutschland zu fliegen, war richtig. Für eine Woche habe ich das Auslandssemester zunächst auf Eis gelegt. Nichts ist wichtiger als für die Liebsten da zu sein, wenn sie dich brauchen. Das habe ich gelernt, und vielleicht hätte ich sogar Schweden ganz absagen sollen. Aber zu diesem Zeitpunkt weiß man nicht was richtig und was falsch ist. Niemand konnte es mir sagen. Und so habe ich mich für meine Zukunft entschieden. Für unsere gemeinsame Zukunft. Mein Freund hat es mir nicht übel genommen. Aber mein Herz. Und das habe ich erst viel zu spät bemerkt.
Mit unterdrückter Trauer, Heimweh, und Schuldgefühlen, habe ich versucht stark zu sein. Die 4,5 Monate durchzuziehen um am Ende sagen zu können: "ja, ich habe im Ausland studiert.".. Im Nachhinein ist das nicht alles worauf es ankommt. Und auch wenn mir mein Herz viel später erst gesagt hat, dass das wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt nicht der richtige Weg war, habe ich so wunderbare Erfahrungen gemacht, die mich in meiner eigenen Entwicklung weiter gebracht haben. Und von diesen Erfahrungen möchte ich nun endlich berichten.

Ein See ganz in der Nähe unserer Studentenwohnheime in Boras.

Die ersten Tage und Wochen, waren für mich persönlich schon schwer. Mit meinen Mitbewohnern konnte ich zunächst nicht viel anfangen. Den kulturellen Unterschieden geschuldet und den außergewöhnlichen Schlafenszeiten derer. Morgens ist bei ihnen eher gegen 16 Uhr und wenn ich schlafen gehe, essen sie Mittag. Ok.
Wir hatten relativ viel Freizeit, da die Vorlesungen nur an 3 Tagen in der Woche waren und das nur für maximal 4 Stunden. In Schweden ist es auch so, dass das Semester zweigeteilt ist. Für die ersten Module finden die Prüfungen schon im Herbst statt. So ist der Prüfungsstress auch nicht enorm gewesen. Alle Vorlesungen waren auf Englisch außer natürlich Schwedisch. Der Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs war sehr cool. Schwedisch zu lernen, ist gar nicht schwer. Es gibt viele Parallelen zum Deutschen, Englischen und zu Französisch. Alle Sprachen, die ich schon mehr oder weniger gelernt habe. An den freien Tagen und an den Wochenenden haben wir versucht viel vom Land zu entdecken. Wir sind an Seen gefahren, mit dem Bus nach Göteborg und nach den ersten Prüfungen auch nach Oslo. Oslo ist eine so wunderschöne, faszinierende und saubere Stadt, voll mit Freude und Gelassenheit. 

In der Innenstadt von Göteborg.

Ein Ausflug in die Schären bei Göteborg, hier auf die Insel "Donsö".

Das Leben in Schweden ist im Allgemeinen etwas teurer als in Deutschland, ganz besonders alkoholische Getränke. Dennoch muss man auf nichts verzichten. Nur das Brot ist etwas gewöhnungsbedürftig, da es zu 99% süß schmeckt. Das wichtigste Wort in Schweden ist „Fika“, was nichts anderes bedeutet als „Kaffee trinken“. Das machen die Schweden zu jeder Zeit und dazu gibt es dann „Kanelbulle“ (Zimtschnecke) oder das beste überhaupt „Kladkaka“ (Schokokuchen). Köttbullar darf aber natürlich niemals fehlen. Muss man probiert haben! Schmeckt viel besser als bei Ikea.



Die zweite Vorlesungsphase ging dann schon in den Winter hinein, wobei der Winter damals sehr auf sich warten lies. Stattdessen Regen ohne Ende. Einmal kam im Radio, das dies wohl der regenreichste Herbst seit vielen, vielen Jahren gewesen ist. Na Bravo. Das hat sich natürlich völlig auf mein Gemüt geschlagen und mich noch bis in die Zeit zu Hause verfolgt. Für etwas Abwechslung hat dann der Trip nach Stockholm gesorgt. Wir hatten wunderbares Wetter und konnten die Stadt so richtig genießen. Da ich schon mal dort gewesen bin, haben wir uns auch schnell orientieren können. Unsere ständigen Begleiter die Bettwanzen haben uns auch da nicht mal ein Auge zugedrückt. Zunächst haben wir uns gewünscht, es wären Mückenstiche. Nur leider war ja schon November. Nichts desto trotz scheuten wir uns nicht vor weiteren Reisen. Der Höhepunkt war die Reise ins Lappland, ganz im Norden wo man die besagten "Nordlichter" und Rentiere sehen kann. Jeder der einmal da ist, wird dieses wunderschöne Stück Erde lieben. Ich glaube der Norden, das ist so Meins. Schnee, Sonne, Berge und ein Hauch von Nichts. Einzigartig und doch so vielfältig! Ich kam beim Erzählen gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. 


Ein wunderschönes kleines Café in Gamla Stan, der Altstadt von Stockholm.
Stockholm.
Sonnenuntergang gegen 15 Uhr in Abisko.
Hundeschlittentour in Abisko. So kalt (ca. -22°C), aber einzigartig!
Narvik (Norwegen).

Im Allgemeinen ist das Leben in Schweden so viel gelassener. Die Leute sind überaus freundlich und hilfsbereit, aber wie ich finde auch ein bisschen eingebildet. Vielleicht auf ihre Schönheit, denn schöne Menschen leben da wohl in der Überzahl. Die Landschaft mit den vielen Wäldern und Seen ist grandios und für Naturliebhaber ein Muss. Es ist einfach ein perfekter Ort um vollständig abzuschalten und die Ruhe zu genießen.
Neben dem Rumreisen wurde das Studium eigentlich eher zur Nebensache. Die Studenten haben die Zeit genossen. Schließlich war es ja keine Pflicht hier zu sein. Auslandssemester hieß für die meisten, einmal aus dem Studiums Alltag raus, neue Gesichter und ein neues Land entdecken. Weg von allen Verpflichtungen zu Hause. Das Leben genießen, sich selbst neu entdecken. Genau das haben wir gemacht, bzw. versucht so gut es ging. Ich konnte meine Softskills definitiv verbessern. Mein Englisch wurde besser und ich habe angefangen Chai zu lieben. Nicht nur den Chai auch können die Jungs aus Bangladesh wunderbar kochen. Als mich meine Eltern besucht haben gab es ein ganzes Menü an Köstlichkeiten. Alle Freunde wurden eingeladen und so habe ich mit meinen Eltern, meiner kleinen Schwester und 12 Jungs aus Bangladesh und Pakistan gegessen und über die Welt philosophiert. Zumindest haben das meine Eltern versucht - auf Englisch, versteht sich. Die letzten Wochen habe ich also angefangen, die Situation in der WG zu akzeptieren und meine Mitbewohner richtig zu mögen. Ich sagte mir: "Aller Anfang ist schwer..". Der Geruch der asiatischen Küche, und das etwas andere Hygiene- und Sauberkeitsverhalten wurden für mich normal. So war ich schon ein bisschen traurig als die Zeit ihre letzten Züge nahm. Ich habe so wunderbare Menschen kennengelernt, die sich überall auf der Welt heute verteilen. Das ist ein großes Geschenk, denn man merkt wie klein die Welt doch eigentlich ist.

Den Schritt ins Ausland zu gehen, ob zum Studieren oder zum Arbeiten, sollte gut überlegt sein. Mitunter können viele Stolpersteine auftreten. Aber mit einer vernünftigen Portion Mut und Stärke wird es ein unvergessliches Abenteuer, wovon man noch viele Jahre später erzählen wird. Es macht einen so viel reicher an Erfahrungen, die sich mit keinem Geld der Welt bezahlen lässt.

Boras.

Oslo Opera.
Oslo Hafen.
Oslo's Innenstadt am Hafen.
Die Aussicht über Oslo, von der Skisprung Weltmeisterschaft - Schanze.



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